01/02/2010 20:58:10
Jetzt will ich Euch doch mal erzählen, wie das am Mittwoch genau alles war:
Noch am Dienstag war meine Hebamme bei mir und da hat es so ausgesehen, dass die Kleine bis mindestens zum Termin wartet. Deswegen hab ich mir auch nichts dabei gedacht als ich in der Nacht, wie in jeder Nacht Wehen bekommen habe. Diese waren aber gleich viel heftiger als die, die Nächte davor. Also hab ich mir gleich mein Kopfkissen geschnappt und bin ins Gästezimmer ausgewandert, um meinen Mann nicht zu stören. Geschlafen habe ich nicht mehr - zu heftig waren die Schmerzen. Aber ich konnte beim besten Willen nicht feststellen, dass die Wehen eine bestimmte Länge oder einen Abstand zueinander hatten. Ich hatte einfach ständig Schmerzen - ohne Pause.
Deswegen habe ich dann um 11 meine Hebamme angerufen, aber weil die Wehen eben nicht regelmäßig waren, haben wir beide gedacht, es sind heftige Übungswehen. Meine Habamme meinte, ich sollte mich wieder melden, falls die Wehen regelmäßiger werden. Das wurden sie aber nicht, sondern nur heftiger. Und ich hab irgendwann gedacht: Wenn das Übungswehen sind, will ich nicht wissen, wie sich Geburtswehen anfühlen. Bis 14 Uhr hab ich gewartet und dann noch mal meine Hebamme angerufen. Die hat nicht mehr lange gefragt, wahrscheinlich hat mich meine Stimme verraten, sondern nur noch gesagt: "In einer Stunde treffen wir uns in der Klinik!"
Ich also meinen Mann von der Arbeit gerufen, noch schnell die letzten Kleinigkeiten in die Kliniktasche gepackt, meine Freundin in Mainz angerufen: "Sorry, das haut nicht mehr hin bis zum Wochenende, könnt Ihr bitte den Hund holen kommen?" Sie hat mir versprochen, unseren vierbeinigen Schatz so schnell wie möglich zu holen, aber wohl erst am nächsten Morgen, weil ihr Mann noch auf Geschäftsreise unterwegs war. Kein Problem: Ich ihr die Telefonnummer der Nachbarin gegeben, die einen Schlüssel zu unserem Haus hat: "Klärt das direkt miteinander ab!" Dann die Nachbarin angerufen: "Komm bitte sofort rüber - wir müssen in die Klinik." Zwei Minuten später steht sie bei uns im Wohnzimmer und hat mich erst einmal gedrückt. Währenddessen kommt mein Mann nach Hause - sichtlich nervös. Ich: "Schatz, im Kinderzimmer steht alles, Kliniktasche usw. schmeiß bitte alles ins Auto!" Während er also die Sachen packt, verabschiede ich mich von meinem Hund, meine Nachbarin nimmt ihn erst einmal mit, damit er runter kommt und bringt ihn später zum Schlafen zurück in unser Haus.
Punkt 15h fahren wir vor der Klinik vor, 5 Minuten später sind wir im Kreißsaal und noch mal 5 Minuten später häng ich am CTG. Hängen ist der richtige Ausdruck, denn ich kann nicht mehr liegen vor Schmerzen, habe das ständige Bedürfnis, mich bewegen zu wollen, gleichzeitig die Angst: Hoffentlich ist das kein Fehlalarm. Nach 30 Minuten am CTG sage ich meinem Mann, er soll jemand rufen, der mich abklemmt: Ich kann einfach nicht mehr ruhig liegen bleiben. Eine Hebamme kommt, meine ist noch nicht eingetroffen, und klemmt mich ab, sie will mich aber nicht untersuchen, ich soll auf meine eigene Hebamme warten. 5 Minuten später kommt die rein, schaut mich an, untersucht mich und sagt: "Keine Angst, Dich schick ich nicht mehr nach Hause, Wehen alle 5 Minuten, der Gebärmutterhals ist weg und der Muttermund 2cm auf!" Ich zwischen Erleichterung und auftretender panischen Angst... Wie? ich krieg jetzt wirklich mein Kind?
Zu diesem Zeitpunkt war es 16 Uhr. Mein Mann stellt fest, dass er den Koffer für das Nabelschnurblut vergessen hat. Dabei hatte ich den neben die Kliniktasche gestellt... Aber kein Problem: Wir wohnen nur 10 Minuten von der Klinik weg. Er also noch mal nach Hause und in den Supermarkt, sich noch etwas mit Proviant für eine lange Nacht rüsten.
Auf der Toilette lege ich mir selbst eine Einlauf. Der Schleimpfropf kommt.
Eigentlich wollte meine Hebamme, uns ja noch etwas spazieren schicken, aber da ich ja nicht alleine los konnte, ist mir das zum Glück erspart geblieben. Stattdessen haben wir uns dann auf die Badewanne geeinigt. Und die hat mir dann richtig gut getan. Die Schmerzen wurden erträglicher und ich konnte endlich mal wieder ein bisschen entspannen.
Während ich in der Wanne liege, sucht die Hebamme das Gespräch mit mir: "Du hast jetzt über 12 Stunden Schmerzen, hast nichts gegessen, bist völlig entkräftet und es liegt noch ein Stück Arbeit vor uns. Ich denke, Du lässt Dir eine PDA legen, damit wir den Rest auch noch schaffen." Ich bin einverstanden.
Um 17:30 ist mein Mann wieder da. Ich will raus aus der Badewanne und komme in den Kreißsaalraum: Noch einmal CTG und Untersuchung: Wehen heftiger, immer noch alle 5 Minuten, Muttermund 4cm auf. Die Fruchtblase platzt. Ich zittere am ganzen Körper, kann meine Beine nicht mehr kontrollieren.
18:30 Muttermund 7cm auf. Die Hebamme ruft den Narkosearzt für die PDA. Um 19h liegt die endlich beim dritten Versuch - bei den ersten beiden Versuchen hat der Arzt leider den Knochen getroffen, was sehr schmerzhaft war. Eine Viertelstunde später merke ich, wie ich endlich mal richtig entspannen kann. Keine Schmerzen mehr. Wir dämmen das Licht, mein Mann schält mir einen Apfel und eine Orange und ich komm endlich ein bisschen zur Ruhe.
20h Muttermund 9cm auf, meine Hebamme strahlt mich an: "Und dieses Kind holen wir noch heute auf die Welt! Jetzt ruh Dich noch etwas aus..."
21h Ich schicke meinen Mann meine Hebamme rufen - ich empfinde einen sehr starken Druck auf den Unterleib. "Dann sind wir jetzt bei den Presswehen - dann üben wir mal" Meine Hebamme stellt sich seitlich neben mich, mein Mann auf die andere Seite und ich soll pressen... tu ich auch, aber leider geht die ganze Kraft des Pressens in den Kopf. Ich finde einfach nicht den Punkt, wo ich hin soll. Ich fange an zu zweifeln: Warum kann ich das nicht? Ich muss das doch hinkriegen! Mein Mann droht schon mit der Zange... na danke auch. Meine Hebamme meint, wir warten, bis das Kind noch einen Zentimeter weiter runtergerutscht ist.
21 Uhr 30 Mein Mann guckt auf sein Handy, eine sms: "Schatz, unsere Superfreunde aus Mainz haben den Hund doch noch abgeholt!" Ich krieg Tränen in die Augen: Meine Freundin, Du bist einfach toll! Jetzt kann ich den Kopf ausschalten.
21 Uhr 45 Meine Hebamme kommt mit der Gynäkologin zur Tür herein. Jetzt wird es wirklich ernst. Ich schalte meinen Kopf aus. Ich will jetzt dieses Kind zur Welt bringen, ich presse so fest es geht, weine, schreie, jammer, ich benehme mich wie ein Jammerlappen, aber immer, wenn es heißt "So jetzt noch mal!" nehme ich meine ganze Kraft zusammen. Ich krieg immer weniger um mich rum mit und tue nur noch, was man mir sagt, ignoriere die Schmerzen und auf einmal macht es ... plumps... Ich sacke auf mein Kissen zurück, realisiere gar nicht richtig, was passiert ist, höre nur ein Kind schreien... und genieße die Erleichterung... Ich will nichts sehen und nichts hören, sondern nur bei mir sein. Kriege wie in Trance mit, dass mein Mann die Nabelschnur durchschneidet... und dann legt mir meine Hebamme das glucksende Bündel auf meinen Bauch: Mein Baby!
Das CTG verrät später: Es waren 6 Presswehen bis die kleine Maus da war und das war um Punkt 22:07. Einen Moment, den ich nie im Leben vergessen werde!
Kleine Luise, herzlich willkommen
*27.1.2010
52cm
3690g