08/10/2008 23:07:10
Ja, mich gibt es auch noch.

Endlich komme ich dazu auch meinen Hochzeitsbericht zu schreiben. Die ersten Wochen nach der Hochzeit waren einfach zu emotionsgeladen. Ich hätte nie meinen Bericht schreiben können, ohne Rotz und Wasser heulen zu müssen.
Es musste sich alles erstmal setzten, die Gefühle neu ordnen.
Aber jetzt will ich euch meinen Tag der Tage nicht weiter vorenthalten.
Es ist der 06.09.08 um halb sechs Uhr morgends. Mein Wecker klingelt. Totmüde ertaste ich den Ausschalter. Du meine Güte, heute ist es soweit, du bist BRAUT. Ich kuschel mich nochmal in die Federn. Mein Schatz ist nicht da. Ich liege in meinem alten Jugendzimmer in meinem Elternhaus.
Und aufeinmal dringt dieses furchtbare Geräusch in meine Ohren. Es regnet! Mein Jugendzimmer liegt direkt unterm Dach. Es rauscht ohne Ende und mein armes kleines Brautherz rutscht in die Schlafanzughose. HOFFENTLICH hört es rechtzeitig für die Bilder auf. Die sind nämlich im Freien geplant.
Gleichzeitig versuche ich mich wieder zu beruhigen. Es ist noch sooo lange bis 11:00 Uhr.
Ich krabbele aus dem Bett und schleiche ins Bad. Meine Eltern sind auch schon wach.
Am Frühstückstisch spähe ich ängstlich in den grauenden Morgen. Und das ist der Morgen tatsächlich. Grau. Alles nur Grau. Ich bekomm kaum was runter. Meine Mama versucht mich zu trösten. "Wir lassen uns doch von dem Wetter nicht den Tag verderben!" Nein lassen wir nicht. Aber in meinem Prinzessinnenträumen hat mich immer die Sonne wachgeküsst... Ok, dafür ist jetzt wirklich keine Zeit. Oh nein, die Zeit, wo ist die geblieben? Es ist schon viertel nach sieben und um halb acht muss ich beim Friör sein.
Also, rein ins Auto, den grauen Wolken nochmal schnell die Zunge rausgestreckt und los...
Zwanzig vor acht komme ich etwas abgehetzt beim Frisör an. Gleichzeitig mit einer anderen Braut. Zumindest bin ich nicht alleine mit dem verregneten Tag. Mein Frisör ist total süß, bringt mir erstmal eine Latte.
Und dann gehts los. Haare waschen, aufdrehen und ab unter die Haube. Zwischendrin kommt meine allerliebste Freundin und Trauzeugin. "Oh Mensch, dass Wetter ist grad zum Kotzen!" Wem sagt sie dass?
Gegenseitig versuchen wir uns aufzumuntern. Aber der Regen hört nicht auf. Unser Fotograph kommt extra 200 km gefahren. Gut, er fotographiert noch in der Kirche, von daher muss er kommen. Trotzdem rufe ich nochmal bei ihm zu Hause an. Seine Frau sagt, er ist schon unterwegs. Naja gut. Wir werden sehen.
So langsam wird aus mir eine Braut. Ich freue mich. Freue mich trotz dem doofen Wetter.
Nur der Zeitplan hinkt. Geplant wäre ich um 10:00 Uhr fertig gewesen. Tatsächlich wird es 10:20 Uhr bis mich meine Frisöse entlassen kann.
Meine Trauzeugin und ich merken erst später, dass wir vor lauter Sorge ums Wetter ganz vergessen haben unsere Verwandlung zu dokumentieren.
Wir flitzen zu unseren Autos. Wir werden uns später beim Fotoshooting wieder sehen. Falls es stattfindet. Meine Güte, eine Woche zuvor hatten wir noch 30 Grad und strahlende Sonne, wo ist sie hin?
Ich telefoniere im Auto mit meinem Mann. Erkläre ihm, dass der Fotograph unterwegs ist, ich aber unmöglich um halb elf zu Hause und angezogen bin.
"Keine Sorge, ich fahre einfach jetzt schon zum Treffpunkt und du meldest dich, wenn du losfährst. Ich geh einfach noch mit dem Fotograph einen Kaffee trinken." Mein Mann mein Held!
Ich komme zu Hause an. "Papa, wo ist die Mama? Ich muss mich sofort umziehen." "Die Mama ist noch in der Kirche..." "Ok, Papa, dann musst du mich eben anziehen!" Den Gesichtsausdruck meines Vaters hätte ich gerne fotographiert.

Ich schmeiße mich in meine Brautunterwäsche. Die Corsage wird jedoch hinten eingehakt. Todesmutig stellt sich mein Vater dieser Aufgabe. Er ist toll! Nur die Strapse, da kapitulieren wir beide. Die Dinger lassen sich einfach nicht einhaken. Egal, es geht auch ohne.
So, jetzt ruhig bleiben. Was hat mir meine Brautkleidverkäuferin gesagt? Wie ziehe ich mein Kleid am besten an? Zum Glück hab ich einen Zweiteiler. Mein armer Papa. Ich könnte ihn küssen! Schweißperlen stehen auf der Stirn, aber wir haben es tatsächlich geschafft. Der Reifrock und der Rock sitzen. Da geht die Haustür. Mama kommt! Mein Papa überlässt ihr erleichtert das Feld. Aber ich werde es nie vergessen, wie mein Papa mir unverhofft ins Kleid helfen musste.
Mama hilft mir bei den letzten Details. Und dann steh ich vorm Spiegel und muss schlucken. Wow! Bitte lieber Gott lass diesen Tag nie zu Ende gehen! Ich will da nie wieder raus!!!!
Schnell Sven anrufen, wir sind auf dem Weg.
Und plötzlich sitz ich in unserem Wahnsinnsbrautauto und mein Vater kutschiert mich zum Treffpunkt. Und aufeinmal scheint die Sonne! Ich glaube es nicht! Es regnet tatsächlich nicht mehr! Jetzt wird alles gut!!!
Der Weg zieht sich ohne Ende. Wir sitzen zwar in einem 270 PS Mercedes aber der Blumenschmuck zwingt zum langsamen Fahren.
Ich werde immer aufgeregter. Gleich sehe ich meinen Mann! Ich weiß gar nicht wie er aussieht, was er an hat. Ich wollte auch eine Überraschung haben. Und wie wird er gucken, wenn er mich sieht?
Plötzlich sind wir doch da.
Ich schäle mich aus dem Ledersitz und stoße mir natürlich den Kopf an der Autotür an. Oh nein, meine Frisur! Aber da steht Sven! Er sieht so gut aus! Ich bin sooo glücklich endlich bei ihm zu sein. Der Fotograph macht schon fleißig Bilder.
Meine Freundin/ Trauzeugin ist auch mit ihrem Freund da. Sie bestätigt mir, dass meine Frisur Gott sei Dank noch sitzt.
Jetzt beginnt mit der schönste Teil des Tages. Es hat aufgehört zu regnen, es ist ruhig, ich kann mein Kleid, meinen Tag, meinen Mann richtig genießen. Die Blicke der anderen Park-Besucher, die Glückwünsche, die kleinen Mädchen die mich sehen und rufen: Guck mal, da ist die Braut wieder.
Es sind wunderbare Stunden, die sich tief in mein Gedächtnis eingebrannt haben.
Viel zu schnell machen wir uns auf den Rückweg. Ich sitze wieder im Mercedes und fühle mich wahrhaftig wie eine Prinzessin.
Mein Vater fährt mich nach Hause. Mein Kleid hat doch etwas gelitten. Für den großen Auftritt in der Kirche muss es etwas sauber gemacht werden.
Meine Mutter steht bereit, mit einem sauberen Tuch lassen sich alle Trittspuren gut abwischen.
Und dann ist es soweit. Meine Mutter und mein Bruder fahren vor und ich komme mit meinem Vater nach.
Mein Herz rast. Ohje, ich war doch so ruhig die ganze Zeit.
Die Treppen hoch zur Kirche, vor der Tür aufstellen. Wahnsinn, alle sind da und warten auf mich. Wollen sehen, wie ich aussehe.
Die Streicher setzen ein. Mein Lied wird gespielt. Schon seit Jahren stelle ich mir vor, wie ich zu Johann Pachelbels Canon in D in die Kirche schreite am Arm meines Vaters. Und jetzt ist es soweit.
Meine süße kleine Ringträgerin läuft vor uns.
Es ist wie ein Traum. Und da steht mein Mann. Unsere Trauung beginnt.
Es ist eine schöne Trauung. Ich vergesse komplett meinen Text unseres Treueversprechens. Aber es fällt zum Glück keinem auf. Schneller als gedacht ist unsere Zermonie zu Ende.
Wir gehen nach der Gemeinde aus der Kirche. Und es regnet wieder. Unsere Blumenkinder in Regenjacken lassen sich trotzdem nicht von der verantwortungsvollen Aufgabe abbringen. Weddingbubbles fliegen, bunte Regenschirme ragen in den grauen Himmel. "Moment, ich hab noch einen großen Schirm für euch beide." Unser Pfarrer verschwindet kurz und kommt mit einem riesigen, weißem Sonnenschirm wieder. Wir müssen alle Lachen. Was für eine herrliche Idee! So werden wir wenigstens von oben nicht nass und unser Trauzeuge bekommt auch noch eine ehrenwerte Aufgabe zugeteilt: Schirmträger.
Wir laufen ca. 100 Meter zu dem Haus meiner Großeltern. Hier steigt der Sektempfang. Zum Glück gibt es dort ein großes Vordach des umgebauten Partystalls. Keiner muss im Regen stehen.
Die große Gratulationsrunde beginnt. Wir werden geherzt und gedrückt.
Bald machen wir uns auf dem Weg in unsere Location.
Ein schöner bunter Abend beginnt. Unsere Stuhlhussen werden ausgiebig bewundert, das Essen ist toll, unser Hochzeitstanz ist so beeindruckend, dass sich danach keiner mehr auf die Tanzfläche traut.

Dazu muss man sagen, dass es in unseren Familien keine großen Tänzer gibt. Im Nachhinein war ich wirklich froh, schweren Herzens auf einen DJ verzichtet zu haben. Unsere Gäste haben lieber ausgiebig untereinander erzählt und sich von kleinen, liebvollen Spielen unterhalten lassen.
Unser Feuerwerk war auch ein voller Erfolg und der Schokobrunnen wurde nicht nur von unseren kleinen Gästen belagert!
Und irgendwann ist auch der letzte Gast auf den Heinweg. Mein Vater fährt uns zu unserem Hotel. Es ist mittlerweile 4:30 Uhr morgends.
Im Hotelzimmer angekommen, sind wir erstmal enttäuscht. Obwohl uns versprochen wurde, das Zimmer dem Anlass entsprechend zu schmücken, war überhaupt nichts geschmückt. Na gut, dann eben nicht. Hauptsache ein großes Bett.
Ich stehe vorm Spiegel und merke, wie mir die Tränen kommen. Nein, der Tag darf noch nicht vorbei sein! Ich will nicht aus meinem Kleid raus.
Mein Mann steht hinter mir und nimmt mich in den Arm. Ich seufze, ein letzer Blick: "Ok Schatz, jetzt entbraute mich mal..."
Und das wars dann. Ich gehöre zu den Bräuten, denen es unendlich schwer fällt, nicht traurig zu sein, weil alles vorbei ist. Dabei ist gar nichts vorbei.
Ich bin auch leider so ein Typ, dem erstmal alle Dinge im Gedächtnis bleiben, die nicht so rund gelaufen sind.
Trotz der positiven Resonanz unserer Gäste, die unsere Hochzeit wunderschön fanden, brauchte ich einige Zeit um mich selbst davon überzeugen zu können. Erst jetzt, wo ich die ganzen Bilder sehe und die süßen Filme unserer Freunde, die nicht perfekt aber dennoch sehr schön sind, realisiere ich, dass es tatsächlich ein sehr schöner Tag. Klar gab es einige Dinge, die mir nicht gefallen haben, die ich im Nachhinein besser gemacht hätte. Aber ich denke, dass geht jeder Braut so.
Und so langsam, stellt sich neben der Wehmut auch Freude bei mir ein. Freude so einen wunderschönen Tag erleben zu dürfen.
Ich habe einen wunderbaren Mann an meiner Seite. Und jetzt gehts weiter.
Deswegen habe ich so lange gebraucht, um hier meinen Bericht zu schreiben.
Meine Anerkennung an alle Leser/innen, die bis hierhin durchgehalten haben!
Auch wenn ich nicht zu den regelmäßigen Schreiberinnen bei Weddix gehöre, hat mich diese Seite dennoch durch meine Brautzeit begleitet. Ich hab oft mitgefiebert, mich mitgefreut und tief geseufzt bei den zahlreichen Hochzeitsberichten, auch wenn ich nicht oft geschrieben hab. Ich bleibe auch weiterhin hier. Dieses Forum ist mir irgendwie ans Herz gewachsen.
Soviel nun von mir.

Ich wünsch euch allen eine wunderschöne Brautzeit oder wunderbare Ehejahre.
Bis bald.
P.S. Achja, unser Hochzeitszimmer wurde aus dem Grund nicht geschmückt, weil wir kurzfristig umgebucht wurden, da in dem ursprünglichen Zimmer die Klospülung defekt war. Leider hat dem Zimmermädchen niemand bescheid gesagt und sie hat das falsche Zimmer geschmückt. Die Hotelchefin hat sich morgends mehrfach aufrichtig entschuldigt, von daher wars für uns in Ordnung. Fehler passieren immer und wir waren einfach nur froh ein bequemes Bett zu haben!
